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Dezember 2014 - Neu im Deutschen Museum München: D-Rad R 0/5

Neu im Verkehrszentrum des Deutschen Museum München: D-Rad R 0/5 D-Rad R 0/5 von 1928 im Deutschen Museum Verkehrszentrum Von Frank Steinbeck Das Verkehrszentrum hat seine Dauerausstellung um ein weiteres Exponat bereichert: ein D-Rad von 1928. Das Motorrad kam bereits 1966 als Stiftung ins Museum und stand seither im Depot. Aufgrund der Bedeutung der Marke und des erfreulichen Zustandes wurde im Jahr 2012 beschlossen, das Motorrad in der Dauerausstellung zu präsentieren. Dafür wurde das D-Rad R 0/5 von der Restaurierungswerkstatt für technisches Kulturgut, Fahrzeuge und Maschinen des Deutschen Museums umfassend aufbereitet. Konservierung statt Totalrestaurierung Besonderen Wert wurde auf die Erhaltung des Originalzustandes gelegt. Nach der Demontage und Reinigung folgte eine den unterschiedlichen Materialien angepasste Konservierung der Einzelteile. Beim Wiederaufbau mussten nur wenige Teile ergänzt oder ersetzt werden, etwa die Kniekissen, die durch „Zinkpest“ zerstörte Vergaser-Schwimmerkammer oder die Lederriemen der Werkzeugkästen. Letztere wurden in der Modellbauwerkstatt des Deutschen Museums nachgefertigt. Das Projekt zeigt auf anschauliche Weise, wie Museen mittlerweile mit der Originalsubstanz von technischen Kulturgütern umgehen. Eindrucksvoll ist das Ergebnis: Alter und Gebrauchsspuren werden sichtbar und verleihen dem Objekt einen individuellen Wert, den eine Restaurierung hin zum scheinbar fabrikneuen Auslieferungszustand nicht zu leisten vermag. Das D-Rad ist in Halle I im Deutschen Museum Verkehrszentrum ausgestellt.   Bilder Vor der Restaurierung und Konservierung … … und nach der Fertigstellung durch die Restaurierungswerkstatt für technisches Kulturgut, Fahrzeuge und Maschinen, im Deutschen Museum. Detailansicht vor den Arbeiten … … und danach. Die Kniekissen und das Schwimmerkammer des Vergasers sind neu, ansonsten wurde die Originalsubstanz weitgehend erhalten. Nach 50 Jahren im Depot in der Ausstellung: das D-Rad in der Themeninsel Stadtverkehr der 1920er Jahre. Nütze die Zeit! Die Rationalisierung war nicht allein eine Frage der Produktion, sie bestimmte den Zeitgeist der 1920er Jahre auf vielfältige Weise. (Quelle: Titelbild der Zeitschrift Das Auto vom 1. Mai 1928).   D-Rad – Vorreiter der Rationalisierung im deutschen Motorradbau Die Motorradmarke D-Rad war Teil der staatseigenen Deutschen Industriewerke AG und gehörte Mitte der 1920er Jahre neben DKW und NSU zu den größten deutschen Motorradherstellern. Hervorgegangen aus den Spandauer Heereswerkstätten, einem der bedeutendsten Rüstungsbetriebe des Ersten Weltkriegs, setzte man früh auf eine rationelle Serienfertigung: Bereits 1925 führte D-Rad Montagebänder ein und konzentrierte sich lange auf ein normiertes Einheitsmodell. Als Teil eines großen Staatsbetriebes konnte D-Rad auf finanzielle und produktionstechnische Kapazitäten zurückgreifen, die der Privatwirtschaft ein Dorn im Auge waren. Der Versuch, Mitte der 1920er Jahre mit dem „D-Wagen“ einen Volkswagen anzubieten, scheiterte daher auch am Einspruch der Automobilindustrie. Eine konservative Modellpolitik – zu spät reagierte D-Rad auf den ab 1928 boomenden Absatz von Kleinkrafträdern – führte allerdings zu Schwierigkeiten. Während der Wirtschaftskrise fusionierte D-Rad 1932 formal mit NSU, stellte aber faktisch die Produktion ein – lediglich das Firmenlogo lebte noch bis 1938 auf den NSU-Motorrädern weiter. Von München nach Berlin – Martin Stolle bei D-Rad Die R 0/5 von 1928, die die Besucher nun in Halle 1 des Verkehrszentrums sehen können, war eine Weiterentwicklung der seit 1924 erfolgreichen R 0/4. Es war die erste Arbeit des ehemaligen BMW-Ingenieurs Martin Stolle für D-Rad, der von 1927 an als Chefingenieur in Berlin-Spandau arbeitete. Die Änderungen betrafen vor allem die vordere Blattfeder, deren Fahrverhalten den D-Rädern ihren Spitznamen „Spandauer Springbock“ eingebracht hatte. Nichtsdestotrotz besaßen die D-Räder einen hervorragenden Ruf als robuste, unverwüstliche Gebrauchsmaschinen. Martin Stolle mit dem D-Rad-Werksteam.

Das Verkehrszentrum hat seine Dauerausstellung um ein weiteres Exponat bereichert: ein D-Rad von 1928. Das Motorrad kam bereits 1966 als Stiftung ins Museum und stand seither im Depot.


November 2014 - Die zogen ihn aus!

Die zogen ihn aus!

Trübe Erfahrungen eines Kraftradfahrers

Mit Bildern aus unserem Photowettbewerb

Es ging ein Mensch von Jerusalem hinab gen Jericho und fiel unter die Räuber. Die zogen ihn aus." Heute braucht man nicht einmal mehr von Jerusalem usw., heute geht man hin und kauft ein Kraftrad. Wenn man das richtige Fabrikat erwischt, kommt das Ausziehen ganz von selbst, automatisch. Ich schicke voraus, dass die Originalrechnungen zu den unten angeführten Fällen vor mir auf dem Schreibtisch liegen. Nur im zweiten Fall fehlen mir die Belege, dafür können jedoch die jeweiligen Besitzer als einwandfreie Zeugen dienen. Die Schriftleitung mag mir also die Verantwortung für diesen Artikel allein überlassen. Ein Bekannter von mir kaufte eine 500-ccm-Maschine. Da er einem deutschen Beamtenstand angehörte, dem man schon immer einen sehr starken Idealismus nachrühmte, gab es für ihn natürlich nur ein deutsches Fabrikat. Hier einige Erfahrungen: Am zweiten Tag nach Erhalt riss beim Anfahren auf ebener Strasse im kleinen Gang — es geht sogar etwas bergab an der betreffenden Stelle — die Kette, eine Originalkette des betreffenden Werkes. Die Oelpumpe hatte die Originaleinstellung aus der Fabrik. Das Oel lief unverbraucht — das ist buchstäblich wörtlich zu nehmen — aus dem Auspuffrohr. Nach Köln und zurück, 160 km, wurden zweieinhalb Liter Oel verbraucht. Für diesen Oelverlust gibt es m. E. nur die Erklärung, dass der Zylinder nicht rund, nicht gleichmässig ausgeschliffen war. Nach einem 3/4 Jahr mussten neue Ventile eingesetzt werden. Nach zehn Monaten brach der Kolben. Der Zylinder musste geschliffen werden. Eine Firma verlangte für das Ausschleifen auf Anfrage 35,— RM. Der Kolbenbolzen hatte beiderseitig Rillen in die Kolbenlaufbahn gerieben. Die Hinterradgabel brach an der Antriebsseite; eine besondere oder erkennbare Ursache lag nicht vor. Der Sattel war nach einem Jahr so faul, dass man den "Leder"bezug mit den Fingern zerbröckeln konnte. Die Lieferfirma des Sattels erklärte sich zum Ersatz bereit. Von Kosten kein Wort. Sie schickte den Sattel unter Nachnahme zurück. So muss man die Füchse prellen! Die erste Vorderradgabel brach nach einem Jahr. Ausserdem waren die Gabelenden (Augen für die Vorderradachse) vollständig ausgeleiert. Die zweite Gabel gab ihren schwachen Geist nach ca. fünf Monaten auf. Sie brach genau an der gleichen Stelle wie die erste. Entweder handelt es sich um spottschlechtes Material, oder die Konstruktion weist an dieser Stelle Spannungen auf. Die erste Gabel brach bei mässiger Fahrt auf ziemlich guter Strasse, die zweite auf asphaltierter, spiegelglatter Chaussee. Auch vorher war keine besondere Ursache eingetreten, die einen Bruch rechtfertigte. Am Antriebszahnrad brachen acht Zähne, am Kettenrad zwei, ausserdem war es ausgeleiert, so dass beide Zahnräder ersetzt werden mussten. Die Ventilführungen sind in den ersten sechs Monaten erneuert worden. Auch diese sind schon wieder erledigt. Genau so ging es mit den Stösselführungen. Die Lager an Vorder- und Hinterrad sind ausgefahren. Am Vorderrad ist schon die zweite Federung eingebaut. Das Motorgehäuse ist gerissen. Und das alles bei mässigem und vorsichtigem Gebrauch, wie eben ein Beamter, der vor- und nachmittags Dienst hat, nebenbei noch etwas mit dem Motorrad fährt. Das Rad ist stets vorsichtig behandelt und gut gepflegt worden. Der Besitzer verfügt über besondere Sachkenntnis. Die Rechnung für die angegebenen Ersatzteile beträgt 355,15 RM. Dieses Konto wäre noch bedeutend höher, wenn der Besitzer das Auswechseln von Teilen nicht selbst vorgenommen hätte. Ausserdem sind dieses die Reparaturen nicht alle, also auch die Kosten nicht alle. Das ist nach meinem Geschmack etwas reichlich, nach eineinhalbjährigem, mässigem Gebrauch der Maschine. Reifenverbrauch u. a. ist natürlich nicht angesetzt. Dabei ist der Gummiverschleiss dieser Maschine auf dem Hinterrad ausserordentlich gross, da die Maschine sehr hinterlastig ist. Wer zu einer richtigen Gewichtsverteilung nicht fähig ist, sollte doch die Finger von einer Neukonstruktion lassen. Ein anderer Bekannter, dem gleichen Berufsstande angehörend, gedachte des Wortes: "Das Teuerste ist stets das billigste * und kaufte die teuerste deutsche Maschine. Mit Beiwagen, elektrischem Licht, Beiwagenverdeck, Hupe und anderem Zubehör, Fracht usw. kamen ca. 2750,— RM. zusammen. Ich gebe den genauen Preis der Maschine nicht an, um die Firma nicht zu nennen, wozu ich vorläufig keine Veranlassung habe. Die Kaufsumme ist für unsere Ein-kommensverhältnisse tatsächlich ein Vermögen, und der Besitzer wandte sie nur auf, um auf lange Zeit vor jeder Reparatur u. ä. Erscheinungen gesichert zu sein. In diesem Glauben zog er sie einem bekannten Wagen vor, der nicht teurer ist, wobei ich erwähne, dass dieses Argument (Vergleich Wagen/Maschine) vom Lieferanten herrührt und nicht unsere Ueberzeugung darstellt. Die Garantiezeit überstand die Maschine beinahe glatt, bei einem Gebrauch von mindestens 1500 km Gesamtlaufstrecke. (Eintausendfünfhundert Kilometer! Es ist kein Druckfehler, lieber Leser.) Nur musste man im Winter bei kaltem Wetter infolge der langen Ansaugkanäle 50 bis 100 mal kickstarten, ehe der Motor in Gang kam. Die Firma hatte die Einspritzhähne vergessen, und wer mag immer die Zündkerze herausschrauben, wo man doch bei jedem Tritt hofft, dass der Motor nun anspringt? Jedoch muss zur Ehre der Firma gesagt werden, dass der Kickstarter diesen Anforderungen gewachsen war. Der Bowdenzug zur Zündverstellung sass von Anfang an fest und war bald gar nicht mehr zu bewegen. Der Handkupplungshebel brach von seinem Untergestell los, als einmal Schulbuben beim Abstellen daran herumarbeiteten. Das Material sollte Kinderhänden gewachsen sein. Dann liess sich eines Tages der grosse Gang wohl ein-, aber nicht mehr ausschalten. Ein

1 PS und 5 PS auf der Führe von Swinemünde

Getriebeteil hatte sich festgefressen, weil er kein Oel bekam. Das ganze Getriebe musste ausgebaut und auseinandergenommen werden. Dann war die schöne Garantiezeit zu Ende. Keine vier Wochen später blockierte die Hinterradbremse dauernd das Bad. Der Keil, der die Bremsscheibe arretierte, hatte sich abgenutzt und fasste nicht mehr. Erst wurde ein neuer Keil angefertigt und eingesetzt. Bald war der auch schon wieder erledigt. Dann wurde die Bremsscheibe festgenietet. Die Nieten lockerten sich. Dann wurde von der Firma die Ersatzscheibe bezogen, natürlich nicht kostenlos. Während dieser Zeit und schon vorher hatte sich herausgestellt, dass auch die Firma die verfehlte Konstruktion der Hinterradbremse erkannt hatte und eine andere Arretierung einbaute. Die Firma probierte also die verfehlte Erstkonstruktion auf Kosten der Käufer aus, eine sehr empfehlenswerte Methode. Nach einiger Zeit federte die Vordergabel nicht mehr, trotzdem die Fettpresse daran ruiniert wurde. Ein Bolzen, der nach genauer Untersuchung mit Gewalt herausgetrieben werden musste, sass fest. Das konnte nur möglich sein, da er schon in der Fabrik mit Gewalt eingezogen worden war, denn an Pflege hat es der Besitzer nicht fehlen lassen. Beim Arbeiten an der Gabel ging die untere Lagerschale am Gabelrohr zu Bruch. Zum Glück! Die Kugeln waren zu Schrott zerrieben, aber auch keine einzige war mehr heil! Die Herstellungsfirma behauptete, der Besitzer habe das Lager nicht fest angezogen. Das Gegenteil war der Fall. Die Fabrik hatte das Lager zu fest angezogen. Der Besitzer hatte nie eine Hand daran gelegt; auch hatte der untere Gabelkopf sich nicht gelockert. Heute, nach einem Jahr des Gebrauchs, in dem die Maschine nicht über 4000 km gelaufen ist, befindet sie sich notgedrungen in der Fabrik. Ein Lager ist ausgeschlagen. An Oel hat es der Maschine nicht gefehlt. Mit mehr als 60 km Geschwindigkeit ist die Maschine nie gefahren worden, im Anfang nicht einmal mit 50. Dabei ist es eine kopfgesteuerte, die 120 km herausholen soll. Das Verdeck zu dieser Maschine kostete 75,— RM. ohne Porto, Verpackung, Befestigungen usw., passt zu der Maschine wie die Faust aufs Auge und ist besten Falles 10,— RM. wert. Von auswechselbaren Bädern scheint die Firma noch nichts gehört zu haben. Das Vorderrad hat nicht einmal Steckachse. Nach Erscheinen dieses Typs hat es ca. zwei Jahre gedauert, bis eine Ersatzteilliste zu haben war, und dann kostete sie 50 Rpf. und die Preise waren immer noch nicht dabei. Ich persönlich finde das unerhört; es handelt sich ja nicht um die 50 Rpf., sondern um das Prinzip. Jede Firma, die mir nicht bereifwilligst ein Verzeichnis ihrer Waren zukommen lässt, unentgeltlich, braucht nicht mit der kleinsten Berücksichtigung zu rechnen. Und es gibt auch keine Firma, die der Anforderung einer Liste nicht bereitwilligst nachkommt. Hier wird die Zwangslage des Kraftradfahters ausgenutzt. Wo bleibt da die vornehme Geschäftswahrnehmung? Die Kosten der oben angeführten Reparaturen entziehen sich meiner Kenntnis. Jedenfalls hätten bei einer derart teuren Maschine im ersten Jahr noch keine Kosten entstehen dürfen. Ich bemühe mich stets um Objektivität. Ich will daher gern bekennen, dass ich Wagen und Räder kenne, die 100 000 Kilometer laufen oder sogar noch mehr, aber ich muss einigen Werken geradezu Fahrlässigkeit vorwerfen. Manche Konstruktionen sind derart schlecht, dass man annehmen könnte, der Konstrukteur habe keine einzige Erfahrung auf der Landstrasse gewonnen. Es gibt Fabrikate, denen ich jede Lebensberechtigung abspreche, und die nur ein aus-gesprochenes Grünhorn kauft, der sich von einem bisschen Lack und dem glatten Mundwerk eines Verkäufers betören lässt. Auch mancher sogenannten Reparaturwerkstätte kann ich bittere Vorwürfe nicht ersparen. Eines Tages stand eine Maschine mit zersprungenem Startergehäusedeckel bei mir. Ich schätzte den zersprungenen Teil auf 7,50 RM.; einschliesslich Einbau, telegraphischer Bestellung, Porto usw. auf 15,— RM. Die Reparatur kostete bestimmt über 60,— RM. Genau weiss ich die Summe nicht mehr. Der Besitzer bat mich, doch einmal an die Herstellungsfirma zu schreiben. Die Antwort lautete: "Wir stellten den Gehäusedeckel mit 6,90 RM. in Rechnung". Kommentar erübrigt sich. Fehlkäufe bei Neuanschaffungen bleiben dem fachmännisch Unterrichteten wohl meistens erspart, gegen Uebergriffe auf dem Gebiete der Reparaturkonten ist auch er nicht gefeit. Ich sehe hier nur den Weg: Jeder Kraftfahrer muss sich einem unabhängigen Verbande anschliessen, der in der Lage und gewillt ist, die Interessen seiner Mitglieder zu vertreten. Der einzelne ist machtlos. Zum Schluss noch eine Abschrift aus einer Rechnung: Zwei Zylinderköpfe mit Führungen, à 60,— RM. = 120,— RM., zwei Zylinderlaufbahnen, à 48,— RM. = 96,— RM., zwei Kolben, komplett, à 30, RM. = 60,— RM., ein Magnet im Umtausch 80,— RM., Arbeitslohn 72,— RM. Ausgestellt im August 1927. Ich glaube, das ist die Maschine des kleinen Mannes, nach der wir armen Teufel schon lange suchten.

 

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Trübe Erfahrungen eines Kraftradfahrers

Es ging ein Mensch von Jerusalem hinab gen Jericho und fiel unter die Räuber. Die zogen ihn aus." Heute braucht man nicht einmal mehr von Jerusalem usw., heute geht man hin und kauft ein Kraftrad...


Oktober 2014 - An unserem Liebling wird gebastelt

VIII. JAHRGANG - HEFT 26
An unserem Liebling wird gebastelt
H. Braun, Altenhof
Die Sportsaison 1931 ist in vollem Gange. Unser geliebter Benzinesel kennt zwar keinen rechten Winterschlaf mehr, aber immerhin gönnten wir ihm doch einige Feierschichten. Damit ist es jetzt wieder einmal vorbei. Der Sommer kommt, — da  heisst es wieder laufen und „Herrchen“ durch die Landschaft tragen. Hier und da gibt es noch mancherlei an unserem Fahrzeug nachzusehen, zu verbessern, zu heilen. Wer längere Zeit sein Fahrzeug fährt, steht bald in einem zärtlichen Verhältnis zu ihm, trotz der Eifersucht der Sozia auf fremde Verhältnisse.
Wir Motorradfahrer müssen mit unserem Fahrzeug so verbunden sein, wollen wir es in allen vorkommenden Fällen auch wirklich meistern. Wie oft sitzen wir neben unserer „Mühle“, sinnend, nachdenkend, und halten mit unserem treuen Freund stumme Zwiesprache. Wir überlegen, wie wir ihm eine persönliche Note geben können. Der Augenblick ist da, den wir alle kennen, wir fangen an zu basteln!
Die Maschine ist erst dann unsere Maschine, wenn sie in allen Einzelheiten unserer persönlichen Neigung entspricht. Zwar wurde sie uns schon von der Fabrik mit vielen Schikanen geliefert, aber wir finden trotzdem noch mancherlei, was wir anders haben möchten, als es der Konstrukteur baute. Was vielleicht der Ingenieur nicht fand, das finden wir auf Grund unserer Erfahrungen auf Wanderfahrten und Zuverlässigkeitsprüfungen.
Nehmen wir zunächst einmal die Gepäckbeförderung! Sogenannte Gepäckträger finden wir an fast allen Maschinen. Sie dienen in den meisten Fällen nicht mehr der Gepäckbeförderung, sondern der Befestigung des Soziussitzes. Diese Eisenstreben verdienen also den Namen Gepäckträger im ursprünglichen Sinne nicht mehr. Wohin nun aber mit dem Gepäck, das auch der Motorradfahrer nicht nur auf seinen mehrtägigen Wanderfahrten, sondern auch bei seinen Wochenendausflügen unbedingt mitnehmen muss? Der Motorradwanderer weiss sich zu helfen. Das beweisen die vielen Gepäckhalter eigener Erfindung, die wir in allen möglichen, oft aber auch in unmöglichen Formen am Hintergestell der Fahrzeuge angebracht sehen. Zwei Lösungen für die Unterbringung des Gepäcks gibt es eigentlich nur: neben und hinter dem Soziussitz. Eine genormte Lösung für Form und Anbringung des Gepäckhalters kann es noch nicht geben, da die Streben des hinteren Fahrgestells ebenfalls leider noch nicht genormt worden sind. Man kann also die Frage nach Form und Befestigung des Gepäckhalters verschieden lösen. In jedem Falle aber sollte man zweierlei genau beachten: 1. in praktischer Hinsicht das Beibehalten der guten Fahreigenschaften des Rades und 2. in ästhetischer Hinsicht die Erhaltung der schönen Linie der Maschine. In beiden Punkten wird immer noch viel gesündigt.
Die Gepäckbeförderung neben dem Soziussitz ist räumlich wesentlich begrenzter als hinter dem Soziussitz. Koffer neben dem Sitz unserer auf alle Fälle reizenden Sozia beeinträchtigen oft entschieden das bequeme Sitzen der in unserer Zulassungsbescheinigung angedeuteten zweiten Person. Meines Erachtens gehört der Koffer hinter den Soziussitz, während der Platz daneben durch weniger grosse Packtaschen ausgefüllt werden kann. Lederne Packtaschen sind weicher als ein stabiler Koffer, ganz abgesehen davon, dass die Gepäckhalter für grössere Seitenkoffer meist die abscheulichsten Formen zeigen. Sie stören besonders dann die schöne Linie der Maschine, wenn sie unbenutzt als leeres Gestänge in die Weltgeschichte ragen.
Bei kleineren Fahrten genügen ja oft schon die Packtaschen zur Unterbringung des Mitzunehmenden. Wenn man aber Wert darauf legt, auch mal im Gasthause in sauberem Anzuge zu erscheinen, dann hat man eben doch noch einen Koffer nötig. Am häufigsten ist wohl der Gepäckhalter hinter und unterhalb des Soziussitzes angebracht. So ist der Gepäckhalter recht leicht zu montieren. Diese Anbringung aber hat einen Nachteil; die Maschine neigt oft zum Schlingern oder Schwänzeln, dies um so mehr, je tiefer die Schwerpunktlage des Koffers ist. Man kann diesen beim Fahren recht unangenehm werdenden Fehler allerdings dadurch etwas abschwächen, dass man für die Herstellung des Gepäckhalters stabiles Material verwendet, das in sich vollständig schwingungsfrei ist und mit dem Hintergestell des Fahrzeugs vollkommen starr verbunden sein muss. Ich habe bei meinem D-Rad R 06 einen anderen Weg beschritten, der auch bei anderen Fabrikaten gangbar ist.
Aus Winkeleisen wurden die beiden eigentlichen Träger für den Koffer so hergestellt, wie es aus der Abbildung deutlich ersichtlich ist. Beide Eisenträger wurden fest mit dem Fahrgestell des Rades verbunden und erhielten nach unten eine Absteifung. Am Ende des Gepäckhalters wurde eine umklappbare Stütze angebracht, damit das ganze Gestell im unbenutzten Zustande nicht allzu störend wirkt. Trotzdem schien mir das leere Gepäckhaltergestell in dieser Stangenform nicht recht mit dem massigen Aussehen meines Spandauer Springbockes zu harmonieren. Ich baute deshalb einen kleinen Holzkasten, der genau zwischen das Gestänge passte und sich mit vier Schrauben leicht befestigen liess. So schlug ich zwei bedeutsame Fliegen mit einer kleinen Geistesklappe: 1. wurde die vollschlanke Linie meiner Maschine klar gewahrt und 2. hatte ich gleich einen praktischen Behälter für Seife und Handtuch, für ein Abschleppseil (man kann ja nie wissen, ob...) und für ein kleines Verbandpäckchen erhalten. Wie aus der anderen Abbildung ersichtlich ist, stört jetzt der Gepäckhalter kaum noch. Wie der Koffer selbst angeschnallt wird, zeigt die nächste Abbildung. Die hintere Klappstütze des Gepäckhalters hat oben zwei Schlitze, durch die die Riemen gezogen werden. Damit der Koffer nicht nach der Seite herausrutschen kann, hat er ebenfalls oben zwei Oesen für die Riemen. Der Kofferträger in dieser Form hat ausserdem den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass man bei Auslandsfahrten mit Leichtigkeit das vorgeschriebene hintere Nummernschild befestigen kann, was bei schräg hinten angebrachten Kofferhaltern immer mit Schwierigkeiten verbunden ist. Bei diesen ist auch die Anbringung eines Stopplichtes meist unmöglich. Bei dem von mir verwendeten Gepäckträger aber ist noch reichlich Platz dafür, wie man aus der Abbildung deutlich ersehen kann. Es handelt sich um ein kombiniertes Rück- und Stopplicht, das ich vor allem bei Stadtfahrten, besonders bei Regenwetter auf Asphaltseife, angenehm empfunden habe, konnte ich doch beide Hände am Lenker behalten. Die Feder, die den Kontakt für das Stopplicht herstellt, ist mechanisch mit der Bremse verbunden, so dass beim Bremsen stets das rote Stoppsignal aufleuchtet. Will man bei grösseren Ueberlandfahrten, bei denen das Stopplicht nur selten benötigt wird, den Akku schonen, schaltet man einfach das Stopplicht ab. Zu diesem Zwecke ist an der Seite des Gepäckhalters eine kleine Hartgummiplatte montiert, die zwei tote Buchsen hat. Soll das Stopplicht nicht betätigt werden, so steckt man einfach den Kontaktstecker in die tote Buchse. Ebenso kann man es mit dem Schlusslicht machen, wenn man längere Zeit parken muss und Strom sparen will. Gern hätte ich noch Abwinker am Gepäckträger angebracht; aber die bisher konstruierten Modelle befriedigen doch wohl noch nicht ganz die Ansprüche, die man in praktischer und ästhetischer Hinsicht stellen muss.
Zum Koffer selbst seien mir noch kurz ein paar Bemerkungen gestattet. Die billigen Pappkoffer, die auch ich erst benutzte, halten nicht lange. Eine einzige Fahrt in anhaltendem Regen, — und sie sind aufgeweicht, unansehnlich und meist unbrauchbar geworden. Nach dem ersten Reinfall (nicht bei Schaffhausen, sondern auf dem Brocken) habe ich den in seine Bestandteile aufgeweichten „Echt Vulkanfibre“ in die Ecke der Verdammnis geworfen und mir aus Sperrholz einen leichten und doch dauerhaften Koffer gebaut. Verstaut werden darin alle die Dinge, die man am Tage nur bei längerer Rast oder abends im Gasthaus braucht. Dass man trotz der Packtaschen und des Koffers oft auch den Rucksack noch mitnehmen muss, weiss jeder, der sich zu den Motorradwanderern zählt. Es gibt eben Dinge, denen das Stuckern nicht bekommt. So wird jeder seinen Photoapparat geschützt am Körper oder im Rucksack tragen. Das Stativ ruht in einer Lederhülle, die mit zwei Riemen am oberen Tankrohr des Fahrgestells befestigt ist, immer bereit und nicht lästig (siehe Abbildung). Diese Abbildung zeigt auch die nachträgliche Montage der Tachometerbeleuchtung.
Verbreiterung des Kotschutzes
Aber auf eine andere praktische Ergänzung der Maschine möchte ich noch kurz aufmerksam machen, nämlich auf die Verbreiterung des hinteren Kotschützers. Jeder Motorradwanderer hat schon die Erfahrung gemacht; dass das Hinterrad gerne den Strassenschmutz auf die Bembergseidenen unserer feschen Sozia oder deren reizenden Trenchkoat spritzt. Um ihre Neigung dem halb geliebten, halb gefürchteten Benzinesel zu erhalten, müssen wir uns als Kavalier zeigen und zur Blechschere greifen, um eine Verbreiterung für das hintere Schutzblech zu basteln. Eigentlich gehört ja diese Arbeit in das Reich der Herren Fabrikationsleiter. Aber natürlich: wenn man Motorräder konstruiert und im Wagen fährt, lernt man die kleinen Schwächen des Fahrzeuges nicht kennen. Aber es ist auch so gut; denn was sollten wir sonst in unseren Mussestunden basteln, wenn uns die Fabrik gleich ein ganz vollkommenes Fahrzeug liefern würde? Bastelarbeiten an der eigenen Maschine erhöhen die Verbundenheit des Fahrers mit seinem Fahrzeug. (B 8148)

 

Der Gepäckhalter von hinten, darunter das Rück- und Stopplicht und der verbreiterte Kotflügel

Der wasserdichte Sperrholzkasten vervollständigt den Gepäckhalter; rechts die Hartgummiplatte für den Anschluss des Rück- und Stopplichtes

Das leere Gerüst des Gepäckhalters

Am oberen Tankrohr ist die Stativtasche befestigt. Das Tachometer hat nachträglich Beleuchtung erhalten

MOTOR UND SPORT 1931

Die Sportsaison 1931 ist in vollem Gange. Unser geliebter Benzinesel kennt zwar keinen rechten Winterschlaf mehr, aber immerhin gönnten wir ihm doch einige Feierschichten. Damit ist es jetzt wieder einmal vorbei...


September 2014 - Wochenende des Kraftfahrers.

Mai 1927 MOTOR    Seite    49 Wochenende des Kraftfahrers. Ja, das ist das richtige Wochenende! Mit Auto oder Motorrad hinaus ins Freie, unabhängig von jedem amt- lich festgesetzten Fahrplan und überhaupt unabhängig von den ganzen Unerfreulichkeiten der Massenbeförde- rung. Da hat man es nicht nötig, sich wie die Heringe in überfüllte Abteile hineinquetschen zu müssen, man braucht sich nicht über die fremden Mitfahrenden zu ärgern und hat es nicht nötig, es mitansehen oder gar mitanriechen zu müssen, wenn der Nachbar seine Käsestullen auspackt, die er sich vorsorglicherweise mitgenommen hat, um in der halbstündigen Bahnfahrt dem Magen etwas anbieten zu können. Also das Wochenende des Motorsportlers! Fangen wir beim zweiräderigen Motorrade an. Es ermöglicht seinem Besitzer ein „hochkomfortables“ Wochenende draußen in freier Natur, wenn dieser den Sinn und Zweck des Wochen¬endes nur richtig erfaßt hat. Er wird, wie auch der Auto¬fahrer, eine Abneigung gegen den Gasthof im Dorfe haben, mit seinen verqualmten Räumen und unzureichenden Betten. Wer wird denn am Sonnabend abend das idyllische Stückchen Erde verlassen wollen, das man sich nach oft mühsamen Das Motorrad mit Beiwagen trägt auf dem Gepäckständer den zusammen¬gerollten Tisch und zwei Stühlchen, darüber den Koffer mit der „Küche“. Das Stabpaket des Faltbootes liegt im Beiwagen und das zweite Boots¬paket trägt der Fahrer als Rucksack. Das Zelt liegt im Beiwagen (es kann auch auf den Soziussitz geschnallt werden). sieben Uhr dauert. Nein, wir brauchen den Gasthof weder zum Essen noch zum Schlafen, wenn wir im Sommer am Wochenende in freier Natur weilen. Der Motorradfahrer wird also zunächst eine Satteltasche mit Tellern und Tassen, Messern und Gabeln füllen, die aus Gründen des Gewichts und einer recht langen Haltbarkeit möglichst aus Alu¬minium bestehen sollten. Weiterhin wird er in einem Rucksack Lebensmittel für einen bis anderthalb Tage mitnehmen und außerdem noch einen Spirituskocher. Auch wird im Rucksack noch für eine kleine Flasche Spiritus Platz sein. Da man draußen zum Abkochen Trink¬wasser braucht, muß man es sich eben¬falls mitnehmen. Der Transport ge¬schieht am besten in einem ähnlichen Gefäß, wie es sonst für Reservebenzin gebraucht wird und das zwei bis drei Unteres Bild: Das Hauszelt ist mit einem zweiten Regendach bedeckt, um gegen längste Regenperioden ge¬schützt zu sein; man kann auch hier „auf dem Balkon“ sitzen. An der Vorderwand des Zeltes ein fernes Fenster, das mit Drahtgaze (als Mückenschutz) verkleidet ist. Am Zelt ein zusammenlegbares Waschbecken aus Gummi, vorn der Medizinball Für ein Motorrad mit Beiwagen kann man draußen leicht eine „Garage“ bauen, indem man mehrere der bekannten Zeltplane zusammen¬knüpft, sie dachartig über das Rad spannt und an den Bäumen befestigt. Hier im Bild ist der Plan gleichzeitig Doppeldach für das Spitz¬zelt, so daß man bei Regen „auf dem Balkon“ sitzen kann. Kreuz- und Querfahrten glücklich erobert und für sich hergerichtet hat, nur um einen Gasthof zu suchen, in dem man teuer ißt und meist schlecht schläft. Dieses Suchen am späten Abend ist nervenaufregend, und beim Wochenende wollen wir die Nerven doch gerade zum Ausruhen kommen lassen. Hat man dann schließlich, abgehetzt, einen Gast¬hof gefunden, so ist er entweder über¬füllt, oder die Betten taugen nichts, oder aber es feiert gerade die Laubenkolonie „Fröhliche Armut“ ihr Stiftungsfest, das selbstverständlich bis morgens um 12   Seite 50 MOTOR Mai 1927 Das Seitenwagenmotorrad befördert bequem 3 Personen nebst Zelt, Faltboot, Tisch und Stühlen. Diese Stelle hier ist ideal zum Wochenende: eine feste Grasnarbe gestattet dem Rade, bis dicht ans Ufer zu fahren; Schatten ist auch da, der Wind wird durch Bäume gehindert, und der Strand ist ideal zum Baden und Paddeln. (Dies Motiv ist 60 Min. Fahrt vom Potsdamer Platz in Berlin entfernt.) Liter Inhalt hat. Eine saubere, weiße Decke dient als Tisch; die Stühle werden durch das weiche Moos, geeignete Baum- stümpfe oder durch mitgebrachte Kissen ersetzt. Zum Kochen stellt man den Spirituskocher in den Windschatten irgendeines Baumes, und bald ist die schönste Mahlzeit im Gange. Die erste Funktion des Gasthofes ist also bereits nach dem Motto: „Selbst ist der Mann“ ersetzt. Bleibt die zweite, das mehr oder weniger sympathische Bett! Der Motorfahrer wird im eigenen, mitgenommenen Zelt nächtigen! Das klingt für den Fernerstehenden etwas ab- sonderlich, ist aber in anderen Ländern bereits zu einem selbstverständlichen und festen Bestandteile des vollkommenen Wochenendes geworden. Da gibt es kleine Spitzzelte, dachartig gebaute sowie größere Dachzelte oder noch umfang¬reichere Hauszelte. Das letztere ist das ideale Zelt für den Motorsportler. Es kann vier Quadratmeter Grundfläche haben und wird durch zwei Stäbe ge¬halten, die im auseinandergenommenen Zustande in der Satteltasche oder im Rucksack Platz finden. All' diese Zelte haben einen angenähten Gummiboden zum Schutze gegen Bodenfeuchtigkeit und Kriechgetier. Die Wände bestehen aus wasserdichtem Zeltstoff, der jedoch eine Luftzirkulation zuläßt. Ein solches Zelt ist in wenigen Minuten aufgestellt, und in ihm kann der Motorradfahrer Lebensmittel, Kleidung und Koch¬geschirr unterstellen; in diesem Zelt wird er schlafen, und hier ist außerdem noch Mit der Solomaschine kann man auch ein Dachzelt mitnehmen und auf dem Soziussitz verstauen. Da ein Tisch zu schwer ist, wird er durch eine ausgebreitete Decke ersetzt, Kissen sind die Stühle; bei Regen wird die Maschine mit einem wasserdichten Plan zugedeckt — und der Kuchen hereingenommen. ein Raum, groß genug, um das Motor¬rad bequem einstellen zu können. Im eingepackten Zustande hat ein solches Zelt die Größe und Stärke einer gefüllten Aktentasche, und es kann bequem als Kissen auf den Soziussitz geschnallt wer¬den. Es wird nun nicht verlangt, daß die Besatzung des Motorrades auf dem harten Zeltboden schläft; denn da gibt es einen Ausweg: man wird im nächsten Dorf etwas Stroh besorgen. Es muß aber schon so viel sein, daß es zwei Mann gerade mit den Armen trans-portieren können, und dieses wird zwischen Erde und Zeltboden gestopft, dann liegt man auf Stroh und wiederum doch nicht! Besser hat es ja schon jener Motor¬radfahrer, der glücklicher Besitzer eines Seitenwagens ist; er hat es nicht nötig, bei der Mahlzeit auf dem Erdboden zu sitzen, er kann vielmehr auf die Gepäck¬brücke des Seitenwagens ein zusammen-legbares Tischchen befördern, das eine Tischplatte besitzt, die nach Art einer Rolljalousie aufgerollt wird; weiter kann er zwei kleine Klappstühlchen auf- schnallen, die nichts wiegen und doch ihren Zweck erfüllen. Da der Seiten¬wagen ausreichend Platz bietet, besteht ferner die Möglichkeit, die Küchen¬einrichtung komfortabler zu gestalten. Man wird mehrere Töpfe und Pfannen mitnehmen können, vielleicht auch einige Flaschen Bier und einen größeren Be¬hälter mit Wasser. Nur kann das Motor¬rad mit Seitenwagen nicht mehr im Zelt selbst Platz finden; man wird das Ge¬fährt neben die Zeltwand stellen und darüber einen Plan ausbreiten, der am Rade selbst befestigt wird, um nicht beim ersten Windstoß auf und davon zu gehen. Der Motorradfahrer kann sogar seinen geliebten Sport mit dem Wassersport verbinden, indem er — ein Faltboot mit¬nimmt. Solch ein Boot ist sehr leicht und besteht aus zwei Paketen: einem auf dem Rücken zu tragenden Rucksack, der die Bootsspanten und die Gummihaut beherbergt, und aus einem etwas länge¬ren Stabpaket. Das letztere kann man bequem längs in den Seitenwagen legen — vorausgesetzt, daß die Sozia einigermaßen schlank und noch genügend Platz für das Boot läßt. Ist der Raum im Seitenwagen zu eng, so kann man dieses Stabpaket an dem Gestänge, das den Seitenwagen mit der Maschine ver-bindet, durch Lederriemen befestigen. Der Autobesitzer wird ebenfalls mit Kocheinrichtung, Tisch und Stühlen, Faltboot und Zelt sein Wochenende ver¬leben, und er unterscheidet sich vom Motorrade mit Seitenwagen nur durch die Menge der Wochenendausrüstung. Der Viersitzer kann natürlich einen größeren Tisch mitnehmen und dazu vier Stühlchen, und der große, zur Verfügung stehende Raum gestattet es, der Aus-gestaltung der Küche noch mehr Auf-merksamkeit zu widmen. Ballonreifen lassen es sogar zu, daß das Geschirr aus Porzellan bestehen darf. Im Freien wird   Mai 1927 MOTOR Seite 51 Der große Wagen trägt außer der kompletten Wochenendgarnitur noch bequem 4 Personen, die alle in dem großen Hauszelt schlafen können; bei 3 Mann ist das Faltboot in einigen Minuten zusammengesetzt, aber beim Zusammenbau möglichst eine Decke unterlegen (nicht wie hier), damit keine Schrauben verlorengehen. Motorsport auf der Wochenend-Ausstellung. der Besitzer des Phaetons auf jeden Fall für die Nacht sein Allwetterverdeck hochschlagen und alle Wertsachen mit sich ins Zelt nehmen. Der Autobesitzer kann sich den Aufenthalt im Freien noch dadurch abwechslungsreicher gestalten — verschönern wollen wir nicht sagen —, daß er ein Grammophon mitnimmt, nach dessen Klängen nach dem Abendessen draußen auf der Wiese oder zwischen den Baumstümpfen der neueste Black- Bottom geübt wird. Dessen Bewegungen und Schritte ergeben sich übrigens da¬durch, daß man dauernd den Wurzeln, Baumstümpfen und Zeltpflöcken aus- weichen muß. Der Radiofanatiker wird einen langen Draht mitnehmen, das eine Ende um seinen „Engländer“ wickeln und diesen auf den nächsten Baum werfen; die ganze Sache nennt man dann Antenne! Das Ende eines zweiten Drahtes wird um die Kneifzange ge¬wickelt und in den nahen See geworfen, worauf dieses „Erde“ heißt! Dann beginnt der Radioempfang; man hört die nächste Station — oder auch nicht. Der Autobesitzer hat es auch nicht nötig, sich sein Stroh von irgendeinem Bauern zu erbetteln, der meistens kaum Hochdeutsch versteht, sondern er nimmt für jede Person eine aufblasbare Gummi¬matratze mit. Im zusammengelegten Zustande ist diese im Auto überhaupt nicht zu merken, und aufgeblasen ge-stattet sie ein Ausstrecken nach allen Richtungen, wobei der Körper weich liegt — eben wie auf einem Gummi¬kissen. Der Wochenendfahrer verfügt über¬haupt nur über zusammenlegbare, zusammenklappbare oder aufblasbare Gegenstände. Diese nehmen im auf¬geklappten Zustande viermal so viel Raum ein wie vorher! Wenn man die Lagerstatt dann näher betrachtet, mit dem aufgestellten Zelt, dem aufgeklappten Tisch und den auf geklappten Stühlen, mit dem zusammengesetzten Faltboot und den aufgeblasenen Gummimatratzen, dann sollte man kaum glauben, daß das alles in dem kleinen Wagen Platz findet, der so teilnahmslos abseits steht. Da wir gerade beim Aufblasen sind, verwenden wir noch den letzten Rest Puste für den Medizinball, jenen großen, bunten Gummiball, der heute die ernste¬sten Erwachsenen zu großen Kindern macht! Und das ist ja letzten Endes der Endzweck des ganzen Wochenendes: Vergessen der Alltagssorgen und das Vertauschen der dunstigen, stickigen Großstadtatmosphäre mit der frischen und klaren Luft am Wald oder See. Das Wort Rousseaus: „Zurück zur Natur“ soll in die Wirklichkeit über¬setzt werden, und beim Wochenende gibt es keine Kapitalisten, Dienstherren, Ar¬beiter oder Angestellte, sondern nur freie Menschen, die alle ein Wunsch ver-bindet: der Wunsch nach Ruhe, Luft und Sonne! Theo Rockenfeller. Die gegenwärtig in Berlin statt¬findende Ausstellung „Das Wochen¬ende“, die sowohl in ihrer Anordnung als auch in dem Gezeigten als außer¬ordentlich wohlgelungen bezeichnet wer-den kann, gibt einen sehr guten Ueber- blick, in welch vielgestaltiger Weise der gehetzte Großstädter sein Wochenende verleben kann. — Die schönen Land¬häuschen, angefangen von der kleinsten und primitivsten, sagen wir mal „Hütte“, bis zum eleganten, zweistöckigen Sommer- wohnhäuschen, dürften auf jeden Be¬sucher ihre Anziehungskraft nicht ver-fehlen, wenn auch nicht verkannt werden darf, daß größtenteils doch immerhin ein ganz nettes Sümmchen dazu gehört, um sich sein Wochenendhäuschen zuzulegen. Aber da es ja schließlich auch ohne dieses geht, wird sich der Gedanke, das Wochenende irgendwo draußen zu ver- bringen, auch im deutschen Volke mit der Zeit mehr und mehr durchsetzen. In diesem Zusammenhang können Wochenende und Motorfahrzeug beinahe als zwei unzertrennliche Begriffe gelten. Und so finden wir auf dieser Ausstellung eine ganze Reihe moderner Kraftfahrzeuge, jedem Geschmack und Geldbeutel angepaßt. Sehr nett wird veranschaulicht, wie man früher am Sonntag seine Spazierfahrten mit dem Kremser und dem Hochrad unternahm, und welche Wandlung hierin durch das Da es am Wasser oft sandig ist, muß man mit großen, schweren Wagen vorsichtig sein und nicht zu weit fahren. Man bleibt lieber weiter im Walde und trägt das Faltboot ein Stück. Am aufgestellten Tisch sitzt sich's bequem auf den Klappstühlchen; eine Tischdecke erhöht die Behaglichkeit.   Seite 52 MOTOR    Mai  1927 leisten kann, wird auch seine Freude an kleineren Booten mit Außenbord- und Normalmotoren finden. Aber auch für die anspruchvollsten Wochenendfahrer ist gesorgt. Wer sein Wochenende nicht in der näheren Umgebung der Großstadt verleben will, sondern sich zu diesem Zweck an die See oder ins Gebirge be¬geben möchte, und wem die Reise im Kraftwagen oder auf dem Motorrad zu viel Zeit in Anspruch nimmt, der wird sich des modernsten und schnellsten Ver¬kehrsmittels, nämlich des Flugzeuges, bedienen, von dem ebenfalls ein Exemplar eines modernen Ganzmetall- Verkehrsflugzeuges auf der Wochenend¬ausstellung zu sehen ist. Aber auch die öffentlichen Land¬verkehrsmittel werden mit der Zeit das Reisen immer annehmlicher gestalten, wie vor allen Dingen die großen, moder¬nen Autoomnibusse mit behaglicher Innen¬einrichtung, wie wir sie zuletzt auf der vorjährigen Berliner Automobilausstellung zu sehen bekommen haben. F. W. Das Faltboot ist zusammengesetzt und schwimmt; man baut es natür¬lich nur dort auf, wo das Wasser seicht ist und wo man außerdem leicht mit dem Motorrade hinkommt. motorisch betriebene Fahrzeug eingetreten ist. Für neuzeit¬liche Wochenendfahrten kommen also für die nähere und auch weitere Umgebung der Großstädte vor allem das Motorrad und das Automobil in Frage. Auch der Motorsportler, oder vielleicht gerade er, ist ebenfalls froh, wenn er am Sonnabend nach getaner Arbeit der Großstadt den Rücken kehren kann, um sich in Gottes freier Natur zu erholen. Er braucht sich nicht in die überfüllten Eisenbahnen und Omnibusse hinein¬zudrängen, er kann unabhängig von Fahrplänen und Massen¬wanderungen „ins Grüne“ ziehen und hier ohne Schwierig¬keiten idyllisch gelegene Plätze aufsuchen, die zu erreichen allen an die Massenbeförderung Gebundenen mitunter un¬möglich ist. Wir sehen auf dieser Ausstellung, wie sehr hierzu das Motorrad mit und ohne Seitenwagen, das Kleinauto und auch der große Wagen geeignet sind. Alles, was man für die zwei oder drei Tage benötigt, Zelte, Falt- und Paddelboote, Picknickkörbe u. v. a., kann im Fahrzeug verstaut werden; ausgerüstet mit vorzüglichem Kartenmaterial kann man sich dann überall zurechtfinden. Neben dem Kraftrad und Auto spielt aber auch das Motorboot eine nicht geringe Rolle, denn mit diesem können auf unseren verzweigten Wasserwegen ebenfalls die schönsten Plätze der Natur aufgesucht werden. Die ausgestellten Boote zeigen zum Teil sehr komfortable Ausstattung und gestatten es ohne weiteres, die Nächte im Boot zu verbringen. Wer sich aber kein Motorboot Oberes Bild: Das Hauszelt (2x2 m Grundfläche) kann man bequem als Garage für das Solomotorrad be¬nutzen; außerdem können noch 2 Personen bequem schlafen. Am günstigsten steht das Zelt immer zwischen Bäumen, die den Wind abhalten. Bild links: Die Stabtasche des Faltbootes liegt schräg im Sitz des Wagens, der Rucksack zum Boot ist hinten auf dem Gepäckständer befestigt, eben¬so der Tisch, dessen Tischplatte als Unterlage dient. Die Riemen halten außerdem noch das Zelt. „Küche“ usw. sind im Wagen. Was dies Kleinauto schleppt, trägt natürlich jeder größere Wagen auch.

Ja, das ist das richtige Wochenende! Mit Auto oder Motorrad hinaus ins Freie, unabhängig von jedem amtlich festgesetzten Fahrplan und überhaupt unabhängig von den ganzen Unerfreulichkeiten der Massenbeförderung...


August 2014 - Das Entlüftungsventil der D-Rad Blockmodelle

Das Entlüftungsventil der D-Rad Blockmodelle Weshalb ein Entlüftungsventil? Wenn der Kolben nach unten geht, würde ohne Ventil ein Überdruck im Kurbelgehäuse entstehen. Um dies zu verhindern, wird das Ventil durch den entstehenden Überdruck geöffnet und die Gase können entweichen. Wenn der Kolben wiederum nach oben geht, wird die Membrane angesogen und dementsprechend entsteht ein Unterdruck im Kurbelgehäuse. Überdruck ist deshalb nicht erwünscht, weil so das Ül nach aussen bzw. in den Brennraum gedrückt wird. Sichtbare Folgen sind Rauch, hoher Ölverbrauch und "Ausschwitzen" des Üls. Unsichtbare Folgen sind im geringen Masse eine höhere Belastung der Bauteile und unnötige Belastung der Dichtungen. Zudem können die Blowby-Gase unter ungünstigen Umständen (z.B. Lagerschäden, Verbrennungsaussetzer, Kolbenringbruch) entzündbar sein und zu einer Kurbelgehäuseexplosion führen. Der Unterdruck beim nach oben gehen des Kolbens "zieht" das Ül von den Dichtungen und verhin-dert zudem, dass Ül in den Brennraum gedrückt wird. Wird das Ventil verkehrt zusammengebaut, entsteht beim nach unten gehen des Kolbens Überdruck. So wird das Ül permanent zwischen Kolben und Zylinderwand gedrückt, was sich vor allem beim Bergabfahren bzw. im Schubbetrieb des Motors durch Rauch bemerkbar macht. Zudem "schwitzt" der Motor und verliert mehr Ül durch die undichten Stellen. Wie wird das Ventil richtig zusammen gebaut? Das Entlüftungsventil wird in folgender Reihenfolge zusammen gebaut:

Die Motorentlüftung bei den D-Rad Blockmodellen wird mit einem Membranventil vorgenommen und ist vorne am Kurbelgehäuse angebracht.


Juli 2014 - Tourenfahrten und ihre Vorbereitung

TOURENFAHRTEN
und ihre Vorbereitung
Von Richard Richter-Dessau
drei oder zwei Räder bewegt — seinen Besitzer tragen soll. Aus Reiseberichten in der Sport- und Tagespresse, aus Erzählungen von Freunden und Bekannten, aus Büchern wird oft ein Samenkorn auf den freudig empfangenden Boden eigener Unternehmungslust fallen. Durch Nachfrage bei den vielen Instanzen, die in dieser Beziehung zu Gebote stehen, wird sich immer klarer ein bestimmter Gedanke herausschälen. Wieder kommt dabei vor allem die Presse in Betracht, dann die Klubs, Reiseliteratur und Reisebüros, die jede wünschenswerte Auskunft zu geben in der Lage sind. Und endlich rundet sich der Entwurf, bis er alle Möglichkeiten einer glücklichen Ausführung in sich birgt, wenn das Wetter nicht alles über den Haufen wirft. Ein bißchen Glück in dieser Beziehung gehört auch dazu. Eine größere Tourenfahrt bei andauerndem Regen ist ein Spaß, den sich nur neugebackene Sportsleute im ersten Sommer ihres Mißvergnügens leisten werden.
Gerade der Motorfahrer wird keine besondere Lust zeigen, mit dem Baedeker in der Hand von einem „Sternchen“ zum anderen zu ziehen. Und doch
WAS sind Hoffnungen, was sind Entwürfe, die der Mensch, der vergängliche, baut?
Nun, ganz so schlimm ist es ja nicht, wie unser großer Schiller die Sache hinstellt. Nicht jede Hoffnung bleibt unerfüllt, und wie viele Entwürfe werden glücklich ausgeführt !
Aus meiner Erfahrung heraus kann ich, da ich mir nun einmal die Freiheit nehme, Schillers Frage in einen Zusammenhang mit meinem Thema zu zwingen, sie durchaus positiv beantworten. Ich kenne nichts Schöneres, als diese Hoffnungen und Entwürfe, die der Motorfahrer baut, die schon lange vor der geplanten Fahrt in seinem Kopfe zu keimen beginnen und tausendmal vorgenossen, zur beglückenden Tat reifen.
Wer möchte sie missen, die Stunden, in denen Plan und Entwurf entstanden, liebevoll gehegt und ausgearbeitet wurden! Denn ohne Plan kann eine große Tourenfahrt — eine Reise mit dem Motorfahrzeug — kaum gelingen, wenn man den Tourensport auch zur Erweiterung seines Wissens, seiner Kenntnis von Ländern und Leuten ausübt. Ganz gewiß nicht, wenn die Rücksicht auf Zeit, Geld und Gepäck eine Rolle spielt oder wenn die Fahrt ins Ausland gehen soll, wohin es den Deutschen trotz aller Liebe zu seinem eigenen schönen und großen Vaterlande immer wieder treibt. Die Sehnsucht nach Sonne, Licht und Wärme, die uns nur karg zugemessen sind, wird uns vor allem immer nach dem Süden führen. Aber auch bei Fahrten innerhalb Deutschlands, für die es so viele und reiche Möglichkeiten gibt, müßte ein Plan ausgearbeitet werden, müssen Vorbereitungen getroffen werden, wenn sie den erhofften Genuß bringen sollen. Zur Hebung des Tourensports in diesem Sinne verlohnt sich wohl ein Wort.
Schon im Winter wird an langen Abenden die Frage auftauchen, wohin im kommenden Jahre der Motor — gleichviel, ob er nun vier,
Wie man ein Kraftrad für große Tourenfahrten ausrüstet
Hier ist das Reserverad direkt an die Maschine angeschnallt
Schlitz für die unteren Extremitäten des Fahrer's
ist es notwendig und interessant, die Hilfe eines guten Reisehandbuches und einer Karte in Anspruch zu nehmen. Auch auf der Tour wird man oft feststellen wollen, wo man sich eben befindet, wie das Gebirge heißt, das man gerade durchquert, oder der Fluß, den man überschreitet. Ebenso wird der Reiseführer Aufschluß über alles Sehenswert geben, ob man nun das Land mit künstlerischen, technischen
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MOTOR UND SPORT 1928
Wenn man zu viel Gepäck mitnimmt, wird der Koffer auf dem Kotflügel festgebunden
In bezug auf die Betriebsstoffe kann man beruhigt sein. Ueber ganz Europa, mit Ausnahme der östlichsten Teile und des Balkans, ist ein so dichtes Netz von Tankmöglichkeiten gebreitet, daß in dieser Hinsicht nichts zu befürchten ist. Immerhin wird der erfahrene Motorfahrer je nach der Größe seines Fahrzeuges ein Quantum Betriebsstoff und Oel mit sich führen, da nicht alle Länder, was Hilfsbereitschaft betrifft, dem hierin mustergültigen Süden gleichen. In Spanien z. B. würde nie ein Fahrzeug ein auf der Straße haltendes passieren, ohne zu fragen, ob Hilfe erwünscht wäre. Jeder Pneu, auch der beste, verbraucht sich. Wenn einmal eine bestimmte Anzahl von Kilometern erreicht ist, üben die Decken geradezu eine magnetische Anziehungskraft auf Nägel aus. Mit solchen Reifen eine Tour anzutreten, hieße sich die Fahrt von vornherein verpatzen. Insbesondere müssen die Decken an den Antriebsrädern sich in einem tadellosen Zustand befinden, wenn man der Fahrt froh werden will.
Nicht minder wichtig ist die Ausrüstung des Fahrers. Lederkleidung oder wasserdichte, aber luftdurchlässige Overalls bewähren sich immer, wenn man nicht Besitzer einer Limousine ist, deren Gebrauch selbst in den südlichsten Ländern wegen des größeren Schutzes vor Wind, Wetter und Staub immer mehr zunimmt. Viele Fahrer werden freilich auf einer Ferienreise, die man ohnehin in die bessere Jahreszeit verlegt, den blauen Himmel über sich nicht missen wollen und ebensowenig den erfrischenden Luftzug, der ihnen um die Nase weht. Für diese „Sportler“ wird die Frage der zweckentsprechenden Kleidung besondere Bedeutung haben. Sehr nützlich
Oben: Pneupanne — In der Mitte: Vorbereitung zur Ueberfahrt
oder sonst welchen Interessen durchfährt. In den letzten Jahren sind speziell für den Automobilisten eigene Werke geschrieben worden. Für Fahrten innerhalb Deutschlands sei der Autoführer von Ravenstein empfohlen und für Fahrten innerhalb Europas das demnächst in Bern (Verlag Hallwag) erscheinende Europa-Touring. Außer diesen gibt es noch eine Reihe guter Führer durch Spezialgebiete, über welche „Motor und Sport“ gern Auskunft erteilen wird. An Karten und Kartenwerken ist ebensowenig Mangel. Eines der handlichsten und besten ist und bleibt der alte Continental-Atlas, der kürzlich in neuer Auflage erschienen ist. Die allgemein gehaltenen Reisehandbücher mit dem Baedeker an der Spitze sind bekannt; auch sie gehen dazu über, wenigstens in besonderen Abschnitten den Motorfahrer zu berücksichtigen.
Ueber die Formalitäten, die beim Austritt ins Ausland zu erfüllen sind, gibt Nr. 21 von „Motor und Sport“ (1927) so ausführliche Auskunft, daß sich ein weiteres Eingehen auf diesen Punkt erübrigt Nachzutragen wäre höchstens, daß sich inzwischen noch mehr Staaten entschlossen haben, auf das Visum im Reisepaß zu verzichten und daß die Reihe der Länder, für welche die sehr praktischen und bequemen Carnets des Passages Geltung haben, auch größer geworden ist. — Steht das Ziel und die Route fest, so wird es Zeit sein, das Fahrzeug auf Herz und Nieren zu prüfen. S in Zustand muß der zugemuteten Leistung ent-sprechen. Nichts ist ärgerlicher, als schöne Tage der Ferien durch Reparaturen zu verlieren. Eine gründliche Revision der Maschine wird davor bewahren.
Die notwendigsten Reserveteile sind unter allen Umständen mitzunehmen, besonders, wenn die Fahrt ins Ausland geht-, wo die Beschaf-fung durch die weite Entfernung / und Zollschwie-rigkeiten sehr erschwert würde.
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V. JAHRGANG — HEFT 12
Alle interessieren sich für das Geheimnis unter der Haube (Photo Binder)
ist das Mitnehmen eines alten Overalls für vorkommende Reparaturen und endlich sollte man eines der Handreinigungsmittel, welche Fett und Oel besser als die gewöhnliche Seife mit sich nehmen, nicht vergessen.
Die Frage des persönlichen Gepäcks sei nur gestreift, weil sie vor allem eine Platzfrage ist. Ein zweiter Anzug, Hut, Schuhe, die nötige Wäsche sind Dinge, die auch der Motorradfahrer unterbringen kann. Eine kleine Apotheke, jedenfalls aber etwas Verbandszeug, sollte nicht fehlen. Aber nachdrücklich muß davor gewarnt werden, sich mit zu viel Gepäck zu belasten. Schließlich will man doch kein Lastauto durch die Lande steuern. Und Wäsche bekommt man heute überall innerhalb 24 Stunden, meist sogar über Nacht gereinigt. Wenn Damen sich zur Teilnahme an einer derartigen Tourenfahrt entschließen, so müssen sie naturgemäß ihre Eitelkeit, was die Zahl der Toiletten betrifft, auf ein Mindestmaß beschränken. Sie werden nach sorgfältigster Ueberlegung nur das Nötigste mitnehmen; aber da die Mode sehr reizvolle Kombinationen gestattet — dreiteiliges Komplet, Abendkleid, das durch Aermeljäckchen zum Nachmittagskleid gemacht wird — so wird die richtige Wahl für die praktische Sportlerin kein Problem bedeuten.
Und nun zur photographischen Ausrüstung! Die herrlichen Bilder, die lebendigsten Eindrücke verblassen im Laufe der Zeit. Käufliche Photographien und die viel billigeren Ansichtskarten sind ja wertvolle Erinnerungen. Aber es fehlt doch immer der persönliche Zusammenhang, der sich ganz anders einstellt, wenn man, hingerissen von einem schönen Landschaftsbilde einem Werke der Kunst, einer Szene lebendigen Lebens, selbst zur Kamera greift und von seinem Standpunkte aus sich ein Andenken schafft, das nicht nur den Gegenstand der Aufnahme festhält, sondern auch die näheren Umstände, unter welchen dieselbe zustandegekommen ist. Am besten wird man eine Kamera mit doppeltem Auszug und neigbarem Objektivbrett mitnehmen. Ein gutes Objektiv ist selbstverständliche Voraussetzung. Ist man mit der Belichtung nicht absolut sicher, so wird das Justophot, ein vorzüglicher Belichtungsmesser, ausgezeichnete Dienste leisten und das Gelingen der Aufnahme fast immer verbürgen. Trotzdem ist es notwendig, sich von Zeit zu Zeit durch die -Entwicklung einiger Aufnahmen zu überzeugen, ob alles in Ordnung ist; hierfür sei die Amato-Entwicklungsdose empfohlen. Sie gleicht Belichtungsfehler aus und entbindet von der Dunkelkammer.
Die Frage der Unterbringung des Gepäcks ist beim Automobil verhältnismäßig leicht zu lösen. Die meisten Wagen besitzen von Haus aus eine Vorrichtung, um Koffer staubdicht zu verwahren. Ist diese nicht vorhanden, so müssen die Koffer in einer besonderen Hülle auf den Gepäckrasten gesichert werden. Bei längeren Fahrten wird es auch immer möglich sein, kleinere Gepäckstücke auf den Trittbrettern unterzubringen. Sorgfältigstes Anschnallen allein wird vor Verlust und Aerger schützen. Die andauernden Erschütterungen lockern nicht nur Schrauben und Muttern am Wagen, sondern auch das Gepäck.
Auch das Motorrad mit Beiwagen gestattet, eine ganze Menge mitzunehmen. Zunächst auf dem Gepäckständer des Hinterrades und zu dessen beiden Seiten. Da diese Gepäckständer leider noch immer nicht gefedert sind, empfiehlt es sich, hier nur Dinge mitzuführen, die durch die starke Erschütterung nicht beschädigt werden können, oder aber dieselben einzeln in Wolltüchern so zu verpacken, daß nicht die geringste Reibung möglich ist. Der Seitenwagen selbst erlaubt je nach seiner Konstruktion verschiedene Möglichkeiten, einen oder mehrere Koffer aufzupacken. Abgesehen davon, daß auch im Innern des Beiwagens Verschiedenes verstaut werden kann. Bei diesen beiden Fahrzeugarten ist also die Unterbringung des Gepäcks ziemlich einfach.
Der solofahrende Motorradfahrer hat es bedeutend schwieriger. Der Raum zur Unterbringung des Gepäcks ist ein sehr beschränkter und erfordert allergenaueste Ueberlegung. Die Hauptlast wird wieder der Gepäckständer über dem Hinterrade tragen. Eine dicke Filzdecke zwischen Ständer und daraufliegendem Koffer wird die Stöße beim Fahren wenigstens etwas abfangen. Ein Rucksack ist zwar nicht besonders angenehm, er wirkt auch nicht gerade verschönernd, aber für den Transport so empfindlicher Gegenstände, wie es Kamera, Fernrohr, Feldstecher sind, ist er ganz unentbehrlich, da nur der Körper des Fahrers die Erschütterungen auf ein für diese Dinge erträgliches Maß herabmindern kann. Der Motorradfahrer wird sich auch gegen die Unbilden des Wetters besser schützen müssen namentlich wenn die Fahrten im Frühjahr oder Herbst unternommen werden. Einen ausgezeichneten, in Deutschland viel zu wenig verwendeten Schutz, bieten die in England und Amerika sehr viel gebrauchten langen Gummistiefel, während eine neuerdings in Cottbus hergestellte Lederrüstung den Unterleib bestens verwahrt. Eine Kombination
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MOTOR UND SPORT 1928
zwischen beiden wäre der ideale Wetterschutz für den Motorradfahrer.
Was nützt jedoch die peinlichste Vorbereitung, was selbst ein neuer Wagen, ein neues Rad, wenn die Hauptsache fehlt: die seelische Einstellung, der Wille und die Fähigkeit, sich den Eindrücken hinzugeben, Herz und Augen weit zu öffnen und „von dem goldenen Ueberfluß der Welt" in vollen Zügen zu trinken.
Ein Motorfahrzeug ist keine Postkutsche, gewiß! Wer über 10, 30, 50 PS verfügen kann, wird sie auch ausnützen wollen. Das soll er; aber nicht immer! Wunderschön ist es, an klaren Sommertagen auf guter Straße dahinzusausen, aber noch schöner ist das Verweilen, das Aufsaugen eines Landschaftsbildes, die ruhige Bewunderung eines Kunstwerkes, das Hinströmen in die Melodie eines klaren Morgens, das Einswerden mit Blätterrauschen, Vogelruf und Bachgeplätscher. Wer mit solcher seelischen Bereitschaft in die Welt hinausfährt, der wird das schöne Glück des „Entdeckens" kennenlernen. Da ist irgendein Fleckchen Erde in goldflirrende Atmosphäre getaucht, in Licht gehüllt, von so tiefem Stimmungsgehalt, daß es weit fester in der Erinnerung verankert bleibt als mancher andere in den Reisebüchern hochgerühmte Punkt. Ein paar kleine strohbedeckte Hütten, spielende Kinder, weidende Tiere werden ein unvergeßliches Bild abendlichen Friedens geben nach heißem Tage. Irgendein altes, edelgewölbtes Portal in dickem Mauerwerk, von, buntem Laub überhangen, sieht aus, als lägen tiefe Geheimnisse hinter ihm verborgen. Turmflankierte Brücken, ein heiterer Dorfanger mit einem von Gänsen und Enten belebten Teich, ein Hang, über und über mit Blumen bedeckt — das alles gibt beglückte Stimmung und diese strahlt wieder auf die Dinge zurück. Selbst den bitteren Pillen der Pannen muß man Geschmack abzugewinnen lernen. Wie oft verwandelt sich anfänglicher Aerger über den plötzlichen Aufenthalt in frohes Genießen. Mußte ich dem Nagel nicht dankbar sein, der mich, vom Col di Tenda kommend, kurz hinter Cuneo, plötzlich auf der Straße zum Halten zwang? Vor mir ein grünes
Feldermeer in der weiten Ebene, von süßem Lerchengezwitscher erfüllt, die ernste Pracht der schneetragenden Alpenkette als gewaltiger Hintergrund — länger als nötig hielt mich dieser Anblick fest. Und später hatte sich infolge der großen Hitze der Gummifleck gelöst, glücklicherweise in dem kleinen Städtchen Coneg-liano. Der Schlauch mußte vulkanisiert werden. Wieder ein Aufenthalt! Aber — er gab mir Gelegenheit, eine der seltsamsten Kirchen kennenzulernen, die ich je gesehen hatte. Ein interessanter Backsteinbau, das Innere ebenso pompös wie theatralisch geschmückt. Dunkelrote Samtvorhänge bekleideten die Wände und Pfeiler und die Anordnung der Säulen war so eigenartig, daß, gänzlich verschieden von anderen Kirchen, das Schiff ein eiförmiges Oval bildete, an dessen Längsseiten der Altar und ihm gegenüber der Eingang lagen. Oder konnte ich dem Versagen des Lichtes böse sein, als es mich in einem kleinen bayrischen Dorf zu nächtigen zwang? In der gemütlichen Gaststube des Wirtshauses — natürlich „Zur Post" — hatte ich mir Wildfleisch mit Knödeln einverleibt und sah mit großem Vergnügen, wie sich, durch die Klänge einer Ziehharmonika hervorgerufen, plötzlich ein Bauernball entwickelte, der in seinem Humor und seiner Ausgelassenheit geradezu ansteckend wirkte, „Damen" fehlten. Aber die Bauernburschen ersetzten sie mit einem Eifer und einer Ausdauer, wie sie keine Evastochter besser auf-bringen kann. So verdankt man oft Zufällen die schönsten Erinnerungen.
Der Vorfreude beim Entwerfen des Plans, bei den Vorbereitungen zu einer langen Tourenfahrt, entspricht das Nachklingen alles Gesehenen. Kleine Aergerlichkeiten sind vergessen, die bunten Eindrücke ordnen sich zu schöner Harmonie. Lange noch erfreut man sich im Kreise der Familie, gleichgesinnter Sportsgenossen des reinen Erlebnisses. Inmitten unseres grauen Nebelwinters erwachen freundliche Bilder von besonnter Landschaft, Gebirge und Fluß, Wald und Meer, von fremden Städten und Menschen, entzünden die Phantasie und ganz unmerklich ist man wieder drin im Pläneschmieden zu neuer Fahrt im neuen Jahr.
Der Verfasser mit bis über die Oberschenkel reichenden Gummistiefeln, die gegen Schmutz und Feuchtigkeit absoluten Schutz bieten
V. JAHRGANG - HEFT 12
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Was sind Hoffnungen, was sind Entwürfe, die der Mensch, der vergängliche, baut?
Nun, ganz so schlimm ist es ja nicht, wie unser großer Schiller die Sache hinstellt. Nicht jede Hoffnung bleibt unerfüllt, und wie viele Entwürfe werden glücklich ausgeführt!